ᓄᓇᕗᑦ
Das Wort ᓄᓇᕗᑦ (Nunavut) ist die Inuktitut-Schreibweise für den Namen des Territoriums Nunavut.
Es bedeutet wörtlich:
Unser Land
Zerlegung des Wortes:
| Inuktitut | Lateinisch | Bedeutung |
|---|---|---|
| ᓄᓇ (nuna) | nuna | Land, Erde, Boden, Heimat |
| ᕗᑦ (-vut) | -vut | unsere / von uns (Possessivendung für „wir“) |
Zusammengesetzt ergibt nuna + vut = Nunavut, also „unser Land“.
Sprachlich interessant:
- Inuktitut ist eine agglutinierende Sprache, d. h. Wörter bestehen oft aus Stammformen + Endungen, die Bedeutung hinzufügen.
- Das Wort Nunavut ist grammatisch ein Nomen mit Possessivsuffix, also ein Besitzanzeigendes Wort: unser Land.
- Es kann je nach Dialekt leicht anders ausgesprochen werden, aber die Bedeutung bleibt gleich.
Kulturelle Bedeutung:
Der Name ᓄᓇᕗᑦ / Nunavut wurde bewusst gewählt, als das Territorium 1999 gegründet wurde.
Er drückt aus, dass dieses Land den Inuit gehört und sie dort Selbstbestimmung über ihr Gebiet und ihre Kultur haben.
ᓄᓇᕗᑦ (Nunavut) = „Unser Land“
– von nuna (Land) + -vut (uns, unser)
Die First Nations in Nunavut – die Inuit
Einleitung
Nunavut ist das jüngste Territorium Kanadas und wurde am 1. April 1999 gegründet.
Der Name stammt aus der Sprache Inuktitut und bedeutet „Unser Land“ – ein Ausdruck der kulturellen Identität und Selbstbestimmung der Inuit, des ursprünglichen Volkes dieser Region.
Während in anderen Teilen Kanadas viele verschiedene First Nations leben (z. B. Cree, Dene, Ojibwe, Haida), ist Nunavut einzigartig:
Hier bilden die Inuit mit rund 85–90 % der Bevölkerung die deutliche Mehrheit.
Sie sind die einzigen indigenen Bewohner Nunavuts und unterscheiden sich in Sprache, Kultur und Geschichte von den anderen First Nations Kanadas.
Herkunft und Geschichte der Inuit
Die Inuit („Menschen“ in Inuktitut) sind die Nachfahren der Thule-Kultur, die sich vor etwa 1000 Jahren aus Alaska nach Osten über die arktischen Inseln bis nach Grönland ausbreitete.
Sie ersetzten dabei ältere Kulturen wie die Dorset-Kultur und entwickelten eine Lebensweise, die perfekt an das harte arktische Klima angepasst war – Temperaturen von unter −40 °C, lange Polarnächte und kaum Vegetation.
Lange vor dem Kontakt mit europäischen Entdeckern lebten die Inuit in kleinen, selbständigen Gemeinschaften, die entlang der Küsten und im Landesinneren verteilt waren.
Ihr Überleben hing von Kooperation, Teilen und gegenseitiger Unterstützung ab – Werte, die bis heute das soziale Miteinander in Nunavut prägen.
Traditionelle Lebensweise und Gesellschaft
Die Inuit lebten traditionell von Jagd, Fischfang und Sammeln.
- Gejagt wurden Karibus, Robben, Walrosse und Wale,
- gefischt wurde nach Arktischem Saibling und anderen Fischen,
- gesammelt wurden Beeren und andere seltene Pflanzen.
Kleidung wurde aus Tierfellen (z. B. Karibu- oder Robbenfell) gefertigt, um gegen Kälte zu schützen.
Werkzeuge und Waffen bestanden aus Knochen, Elfenbein und Stein.
Im Winter errichteten sie Iglus (Schneehäuser), im Sommer Zelte aus Tierhäuten.
Die Gesellschaft war egalitär und gemeinschaftlich:
Entscheidungen wurden im Konsens getroffen, und jeder Beitrag zählte. Älteste und erfahrene Jäger wurden respektiert, doch es gab keine festen Hierarchien.
Sprache und Kultur
Die Sprache der Inuit heißt Inuktitut, mit mehreren regionalen Dialekten wie Inuinnaqtun.
Sie gehört zur Eskimo-Aleut-Sprachfamilie und ist ein zentraler Bestandteil der kulturellen Identität.
Die Kultur ist geprägt von Mythologie, Kunst und traditionellem Wissen:
- Mythen wie die Geschichte von Sedna, der Meeresgöttin, erklären die Beziehung zwischen Mensch, Tier und Natur.
- Trommeltanz, Kehlgesang (Katajjaq) und Schnitzereien aus Speckstein sind typische kulturelle Ausdrucksformen.
- Das Inuit Qaujimajatuqangit (IQ), das „Wissen der Inuit“, beschreibt die Werte, Ethik und Umweltkenntnisse, die über Generationen weitergegeben wurden.
Diese Prinzipien werden heute auch in Verwaltung, Bildung und Umweltpolitik angewandt.
Die Inuit in Nunavut heute
5.1 Politische Selbstbestimmung
Das Nunavut Land Claims Agreement (NLCA) von 1993 war der entscheidende Schritt zur Gründung des Territoriums.
Es ist das größte Landrechtsabkommen in der Geschichte Kanadas und sichert den Inuit:
- Eigentum an rund 350.000 km² Land,
- Beteiligung an Ressourcen und Entwicklung,
- finanzielle Entschädigungen und
- das Recht auf Selbstverwaltung.
Mit der Gründung von Nunavut (1999) erhielten die Inuit eine eigene Regierung – die Government of Nunavut (GN)mit Sitz in Iqaluit.
Das politische System basiert auf Konsensregierung:
- Es gibt keine Parteien.
- Abgeordnete werden als Einzelpersonen gewählt und entscheiden gemeinsam über Premierminister und Kabinett.
Diese Regierungsform spiegelt die traditionellen Werte der Inuit wider – Gemeinschaft, Kooperation und Konsens.
5.2 Sprache und Bildung
In Nunavut sind Inuktitut und Inuinnaqtun neben Englisch und Französisch offizielle Sprachen.
Ziel der Regierung ist es, dass Inuktitut bis 2030 die Hauptsprache im öffentlichen Leben und in Schulen ist.
Bildung spielt eine zentrale Rolle:
- Inuktitut wird in Schulen gelehrt, und viele Programme fördern die zweisprachige Ausbildung.
- Das Nunavut Arctic College bietet Studiengänge in Bereichen wie Umweltwissenschaft, Inuit-Studien, Gesundheit und Handwerk.
- Gleichzeitig bestehen Herausforderungen: Die Bildungseinrichtungen sind oft weit entfernt, und der Zugang zu höherer Bildung ist schwierig.
5.3 Gesellschaft und Wirtschaft
Die Inuit leben in rund 25 kleinen Gemeinden, meist an der Küste.
Es gibt keine Straßenverbindungen zwischen den Orten; Reisen erfolgen per Flugzeug, Boot oder Schneemobil.
Die Lebenshaltungskosten sind sehr hoch, da fast alle Güter eingeflogen werden müssen.
Die Wirtschaft stützt sich auf:
- Öffentlichen Dienst (größter Arbeitgeber),
- Bergbau und Rohstoffe (Eisenerz, Gold, Diamanten),
- Jagd, Fischerei, Kunst und Tourismus.
Die Inuit-Organisation Nunavut Tunngavik Incorporated (NTI) verwaltet die Inuit-Rechte aus dem Land Claims Agreement und sorgt dafür, dass die Inuit wirtschaftlich vom Ressourcenabbau profitieren.
5.4 Kultur und Identität heute
Die Inuit-Kultur ist lebendig und modern.
Tradition und Gegenwart verschmelzen in Kunst, Musik und Medien:
- Künstlerinnen wie Annie Pootoogook, Tanya Tagaq und Elisapie Isaac verbinden traditionelle Themen mit moderner Kunst und Musik.
- Das Dorf Kinngait (Cape Dorset) ist weltberühmt für Inuit-Grafik und Bildhauerei.
- Filme wie Atanarjuat – The Fast Runner (2001) erzählen Inuit-Geschichten auf Inuktitut und gewannen internationale Preise.
Inuit-Medien wie der Aboriginal Peoples Television Network (APTN) oder Nunatsiaq News fördern die Sprache und Kultur.
Viele Inuit nutzen soziale Medien, um ihre Traditionen zu bewahren und ihre Perspektiven mit der Welt zu teilen.
5.5 Herausforderungen und Zukunft
Trotz Selbstverwaltung gibt es bedeutende Herausforderungen:
- Wohnraummangel, hohe Lebenshaltungskosten, Arbeitslosigkeit,
- psychische Belastungen durch Kolonialisierung und Internatsvergangenheit,
- Klimawandel, der Jagd und Lebensweise bedroht.
Der Klimawandel verändert das Eis, Tierwanderungen und Küstenlinien.
Viele Inuit-Gemeinschaften kombinieren traditionelles Wissen (Inuit Qaujimajatuqangit) mit moderner Wissenschaft, um Lösungen zu finden – z. B. beim Schutz der Arktis oder in der Klimaforschung.
Trotz aller Probleme ist Nunavut heute ein Beispiel für indigene Selbstbestimmung und kulturelle Stärke.
Die Inuit gestalten aktiv ihre Zukunft, basierend auf ihren Werten und ihrem Land.
Zusammenfassung
Die Inuit sind das indigene Volk Nunavuts.
Sie sind Nachfahren arktischer Jäger, sprechen ihre eigene Sprache, leben ihre Kultur und haben durch das Nunavut-Abkommen ein Territorium geschaffen, das auf ihren Werten und ihrem Wissen basiert.
Nunavut ist damit ein einzigartiges Beispiel für den erfolgreichen Weg indigener Selbstbestimmung in der modernen Welt.
Offizielle Quellen und weiterführende Links
- Government of Nunavut (offizielle Website)
Quelle: https://www.gov.nu.ca - Nunavut Tunngavik Incorporated (NTI) – Vertretung der Inuit und Umsetzung des Land Claims Agreement
Quelle: https://www.tunngavik.com - Nunavut Land Claims Agreement (1993) – offizieller Vertrag (PDF)
Quelle: https://publications.gc.ca/collections/Collection/R32-134-1993E.pdf - Inuit Tapiriit Kanatami (ITK) – nationale Organisation der Inuit Kanadas
Quelle: https://www.itk.ca - Crown-Indigenous Relations and Northern Affairs Canada (CIRNAC) – Informationen der Bundesregierung über die Inuit
Quelle: https://www.rcaanc-cirnac.gc.ca/eng/1100100014187/1534785248701